



Mit Kindern fotografieren - Ergebnisse eines Workshops
In einem Seminar für Fotopädagogen der Partnereinrichtungen der KameraKInder in Nordrhein Westfalen stellten die beiden Referenten Michael Ebert und Dr. Sandra Abend Möglichkeiten für die kreative Gestaltung und den individuellen Aufbau von Kinderfotoworkshops vor, angefangen von der Planung über die Realisierung bis zur Nachbereitung des Projektes. Im Vordergrund stand, wie man Kinder für das Medium Fotografie begeistert und gleichzeitig, neben technischen Fertigkeiten zur Umsetzung eigener kreativer Vorstellungen, auch Medienkompetenz vermittelt.
Die Referenten
Michael Ebert ist Fotograf, Hochschullehrer und Kurator. 2008 gründete er den ersten Studiengang für Bildjournalismus in Magdeburg. Die Kunsthistorikerin Dr. Sandra Abend arbeitet im Hildener Wilhelm-Fabry-Museum und unterrichtet Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität in Düsseldorf.
Beide veranstalten seit 2004 Workshops mit Kindern und Jugendlichen. 2010 erschien ihr Buch: „Fotoworkshop für Kinder“.
Natürlich können wir nicht das ganze Seminar wiedergeben und beschränken uns hier auf die Quintessenz.
Zunächst stellten die Referenten einige Genres vor, die sich für die Fotoarbeit mit Kindern gut eignen:
Genres der Fotografie
Streetfotografie – bei der Fotografie im öffentlichen Raum, in Straßen und Geschäften muss man eine besondere Situation schnell erfassen. Zunächst sollte man sich mit dem öffentlichen Raum auseinandersetzen: Was ist öffentlich (dort darf fotografiert werden), was ist privat? Dann geht es natürlich auch immer um das Recht am eigenen Bild, das übrigens bei öffentlichen Veranstaltungen (Feste, Demonstrationen) eingeschränkt ist.
Am besten ist natürlich, man hat ein “Model release”, also die Freigabe des Models zur Veröffentlichung (schriftlich), was natürlich gerade bei der Straßenfotografie schwierig ist. Schon der berühmte Streetfotograf Cartier-Bresson sagte “heute müsste man sich an seine Leica einen Anwalt binden”. In diesem Zusammenhang sei noch erwähnt, dass Verbreitung (also eine Ausstellung, bei der Bilder wieder abgehangt werden konnen) etwas anderes ist als Veröffentlichung.
Potraitfotografie, ein beliebtes Genre bei Kindern, da szenische Portaits und Selbstportaits angefertigt werden können. Sondergenre: Selbstportaits
Tierfotografie – das Lieblingsgenre bei den Jüngeren, kann auch Themen wie Tierhaltung etc. aufgreifen
Jugend/Identitat – die Kinder bekommen die Kamera eine Woche mit nach Hause, um sich in ihrer Umwelt zu fotografieren
Inszenierte Fotografie – grosse Variationsbreite (schauen Sie doch auch einmal im Fotoknow how unter diesem Eintrag nach). Tolle Projektidee: z.B. Kinderarbeit im Museum wie in der Fotogeschichte nachzustellen (Lewis Hine).
Mode/Lifestyle – eine Modenschau mit Kindern veranstalten und dann fotografieren. Dabei kann auch ein kritischer Ansatz reingebracht werden.
Fotografie/ Technik – hier geht es vor allem um die Vermittlung der technischen Möglichkeiten
Gesellschaftlich sozio- interkulturell
Makro – Prima Thema: Ihr habt eine Stunde Zeit und bringt 10 Tierbilder
Was muss alles beachtet werden, bevor das Seminar startet:
Logistische Vorbereitungen
Absprache mit den Kooperationspartnern
Ankündigungstext mit geeigneten Fotos
Werbung und Presseinformation
Geeignete Location: Verdunklungsmöglichkeit, Außengelände oder gute Anbindung an einen Park oder eine Fußgängerzone (Möglichkeit zum Fotografieren checken)
Laut der Erfahrungen von Ebert/ Abend werden Kinderfotoworkshops von der Presse gut aufgenommen. Wichtig ist auch, sich die Locations mitsamt der Verdunklungsmoglichkeit und den Beamer für die Bildsichtung vorher anzuschauen. Außerdem sollte man sich darüber im Klaren sein, dass die Leitung die Aufsichtspflicht hat.
Technische Vorbereitung:
- Kameras (von Medienzentren leihen oder von Kameraherstellern sponsern lassen)
- Beamer (möglichst Full HD)
- Leinwand
- Laptop
- Speicherkarten
- Lesegerät (gut ist Hama für ca. 9,-€, alle 2 Jahre neu kaufen, die Geräte werden immer schneller)
Alle Kameras sind okay, auch Einwegkameras oder Polaroid, ggf. darauf achten, dass dieKamera wasserdicht und stoßfest ist,
Wichtig:Bilder machen Bilder.
Aufbau eines Workshops:
Am Anfang steht für Abend/ Ebert immer die Auseinandersetzung mit dem Kosmos der vorhandenen Bilder.
Dabei geht es darum, Kindern Einblick in die Bildgeschichte zu geben, Sie sollen anspruchsvolle Fotografie, hohe Bildqualitat, aufwendige Aufbereitung der Bilder kennen lernen. Beidengeht es darum, anhand von Bildmaterialien die historische Einordnungsfahigkeit zu schulen. Die Bildbesprechung liefern die Kinder und Jugendlichen:
fotografische Originalität
Verdichtung des Themas
Inspiration für die eigene Umsetzung und für neue Perspektiven
Wahrnehmung anderer Lebensrealitaten
Erkennung von soziokultzreller Relevanz,
Kenntnisse über die Entwicklung des Mediums Fotografie
Entwicklung von MEDIENKOMPETENZ
Die Fähigkeiten zur Erkennung guter Bildgestaltung, humorvolle Weltsicht, emotionale Ansprache, sinnliche Wahrnehmung,
Es geht darum, das Alltägliche in den Fotos zu entdecken, ungewöhnliche Perspektiven, Aufmerksamkeit durch aktive Teilnahme (kleine Aufgaben stellen an die Kids) zu wecken und fotografische Wege zu eröffnen.
“Ich sehe in die Augen, die Napoleon gesehen haben”, so der Fototheoretiker Roland Barthes zur Faszination der Fotografie
Wo findet man Bilder?
http://www.loc.gov/index.html. Liberty of Congress (fsa, bain Collection , frei auch Pete Susa), alle mit creative commens Rechten
Life Fotoarchiv http://images.google.com/hosted/life(fur Education
Kennedy Source Life, dann auch mittlere Bildgröse)
http://www.zeno.org/Fotografien 5000 Meisterwerke der Fotografie ( 70 Jahre nach Tod abdruckbar)
www.Flickr.com hatte vor 2 Jahren 5 Milliarden online
Devinart und Prometeus und die google Bildsuche
Zum Archivieren der Bilder eignen sich Eintragungen in den IPT Datenfeldern (acdsee ist gutes Archivierungsprogramm, Faststone oder rich sind auch okay)
Technische und gestalterische Basics
Prämisse: So wenig Technik wie möglich, so viel Technik wie nötig
Kinder lernen schnell mit der Kamera umzugehen, lange technische Erklärungen demotivieren nur.
Zeigen sollte man:
scharf und unscharf (Schärfepunkt, das Spiel mit Schärfe ist bei einfachen Konpaktkameras allerdings nicht möglich)
Zoom
Bewegungsunscharfe
Hell- dunkel
Blitz aus
Makro Einstellung
hell vor dunkel
im richtigen Moment auslösen
auf Hintergrund achten
Projektbeispiel
Anhand von 3 Projektbespielen zeigten dioe beiden Referenten nun Möglichkeiten auf:
1. Ein Projekt zur interkulturellen Verständigung – Identity, that’s Me
(http://www.wilhelm-fabry-museum.de/index.php/presse/217-das-bin-ich-schueler-stellen-projekt-vor)
2. Realitätsbezogene Fotografie, Dokumentarfotografie in einer Kinderarztpraxis
3. Fotografie als Träger persönlicher Erinnerung, ein Projekt mit Kindern, die Angehörige verloren haben. Fotografie ist hier das Medium gegen das Vergessen; es entstanden Fotobücher
Nachbereitung
- Bilder speichern auf dem Rechner
- Besprechung der Ergebnisse
- Bilder aussortieren ist wie “Hamster erschlagen”
- unscharf muss nicht schlecht sein
- Fotos ohne Farbe?
- Manchmal kommt es auf den richtige Ausschnitt an
- Sollten Fotos retuchiert und manipuliert werden ? (“mach das weg” – eine kleine Einführung in die Medienethik)
- wie präsentieren wir unsere Fotos ? (Fotobücher, Leine, Beamer, Rahmen, aufstellen)
- Wie gehe ich mit meinen Bildern um? (Sensibel mit der Verbreitung in Netzwerken)
Die Philosophie des Fotografenpaares:
Fotografieren lernt man durch fotografieren! Aber vorher muss ich sehen lernen.
Sehen – entdecken – fühlen – und fühlbar machen.
Fotografie ist ein wahrer Moment.
In unseren Workshops wird nicht manipuliert: Fotografie verdichtet sich zu einem Moment des Lebens (Bildbearbeitung: Ausschnitt, Belichtung und Farbe).